MEDIZINISCHE BESCHREIBUNG

Bei der Mukopolysaccharidose Typ III (MPS III), dem sogenannte Sanfilippo-Syndrom (benannt nach einem Kinderarzt, der die Krankheit als erster beschrieb), handelt es sich um eine seltene und tödliche Krankheit, die sich auf den Stoffwechsel auswirkt und schwere Schädigungen am zentralen Nervensystem (ZNS) zur Folge hat. Kinder, die an Sanfilippo erkranken, fehlt ein Enzym, das für den Abbau langkettiger Zuckermoleküle, der sogenannten Mucopolysaccharide oder Glykosaminoglykane (GAG), erforderlich ist. Die Ansammlung langkettiger Zuckermoleküle führt zu Schädigungen in den Zellen, vor allem im Gehirn.

Sanfilippo ist Teil einer größeren Gruppe von Krankheiten
Das Sanfilippo-Syndrom gehört zu den Mukopolysaccharidosen (MPS), die wiederum zu den Lysosomale Speicherkrankheiten (LSK) gerechnet werden.

Bei Lysosomen handelt es um sehr kleine Einheiten in den Zellen, die Enzyme für den Abbau von Zellmaterial enthalten. Bei einer lysosomalen Speicherkrankheit wird das Zellmaterial nicht richtig abgebaut, es sammelt sich in den Zellen an und verursacht Störungen.

Mucopolysaccharide (MPS) sind komplexe, langkettige Zuckermoleküle (ebenfalls bekannt als Glykosaminoglykane, GAG), die der Organismus normalerweise produziert, um Knochen, Knorpel, Haut und Gewebe aufzubauen. Da der Körper diese Moleküle kontinuierlich produziert, müssen sie auch kontinuierlich abgebaut werden.

Kindern mit MPS III fehlt ein Enzym für den Abbau des Heparansulfats, eines von vielen komplexen Zuckermoleküle (GAGs) im Körper. Es kommt daher zur Ansammlung des Moleküls in den Zellen. Da jedes Enzym in einem spezifischen Gen kodiert ist, führt ein Genfehler zu einer nicht ausreichenden Produktion eines Enzyms.

Die Sanfilippo-Untertypen A-D beziehen sich jeweils auf ein fehlendes Enzym. Die Enzyme sind alle notwendig, um das Heparansulfat abzubauen. Der Untertyp A ist am häufigsten verbreitet und gilt als schwerster Typ.

Das Sanfilippo-Syndrom ist ein autosomal-rezessiv genetischer Defekt
Genetisch bedeutet, dass die Krankheit erblich ist: Die Kinder erhalten das defekte Gen von ihren Eltern, die beide jeweils aufgrund von Genmutationen einen Genfehler haben. Beide Eltern müssen den Genfehler haben, damit ihr Kind die Krankheit mit einer Wahrscheinlichkeit von 1 zu 4 bekommt.

Rezessiv bedeutet, dass der Defekt sich auf einem nicht dominanten Gen befindet. Wir haben jeweils zwei Kopien eines Gens, daher sind die Träger eines rezessiven Gens, die eine gesunde Kopie haben, nicht betroffen. Es gibt bisher keine Möglichkeit herauszufinden, ob die Eltern Träger eines rezessiven Gens sind, außer es gibt bereits Krankheitsfälle in der Familie, die einer Gendiagnostik unterzogen wurden.

Autosomal bedeutet, dass sich das veränderte Gen nicht auf einem Geschlechtschromosom befindet (22 der 23 Chromosom-Paare sind autosomal). Männer und Frauen können den Genfehler haben, entsprechend können Mädchen und Jungen daran erkranken. Die Gene, die für den Enzymmangel bei MPS III verantwortlich sind, liegen auf dem Chromosom 17.

Das Sanfilippo-Syndrom ist eine Stoffwechselstörung und eine neurodegenerative Erkrankung 
Als Stoffwechsel bezeichnet man die Gesamtheit der lebenserhaltenden, chemischen Prozesse in Zellen. Diese Prozesse werden von Enzymen geleistet, die als Katalysatoren wirken. Das fehlende Enzym beim Sanfilippo-Syndrom verursacht also eine Stoffwechselstörung.

Die Störung betrifft in erster Linie das zentrale Nervensystem und führt zu Hirnschäden. Die betroffenen Kinder leiden an Hyperaktivität, Schlafstörungen, Verlust der Sprachfähigkeit und anderer Körperfunktionen, verzögerter geistiger Entwicklung, kardiologischen Erkrankungen, Anfällen, Mobilitätsverlust und Demenz. Die Krankheit endet tödlich.

Bei der Geburt sind die betroffenen Kinder gesund und unauffällig. Leichte Verzögerungen in der Entwicklung wie beispielsweise eine verzögerte Sprachentwicklung machen sich im Alter von 2 bis 6 Jahren bemerkbar. Mit zunehmenden Alter entwickeln die Kinder extreme Aktivität und Verhaltensauffälligkeiten. Sie verlernen zudem die zuvor erworbenen Fähigkeiten.

Der Fortgang der Krankheit sowie die Geschwindigkeit, mit der sie sich entwickelt, variiert stark von Kind zu Kind. Das erschwert Prognosen zum Verlauf der Krankheit. Es gibt ein weites Spektrum von Symptomen, von denen nicht alle Kinder gleichermaßen betroffen sind.

Die Krankheit wird zumeist dann diagnostiziert, wenn Eltern Verzögerungen in der Entwicklung ihres Kindes feststellen und es ärztlich untersuchen lassen. Da die Krankheit so selten ist, kennen sie nur wenige Mediziner, so dass es mehrere Jahre dauern kann, bis die richtige Diagnose gestellt wird. Es ist sehr ungewöhnlich für eine Familie, mehr als ein betroffenes Kind zu haben, bevor die Krankheit diagnostiziert wird.

Bisher gibt es keine Heilung für Sanfilippo und nur begrenzte palliative Behandlungsmöglichkeiten. Die Lebenserwartung beträgt etwa 15 Jahre. Die medizinische Forschung hat vor kurzem vielversprechende Durchbrüche erreicht, die auf eine zukünftige Heilung hoffen lassen.

Quelle: https://www.sanfilippo.org.au/page/4/medical-overview
Sanfilippo Children's Foundation